Schutz vor Gewalt
Unser Verständnis von Gewalt

Unter Gewalt verstehen wir alle Handlungen, mit denen auf Menschen schädigend eingewirkt wird. Wir lehnen auch strukturelle Gewalt ab, zum Beispiel überhöhte Leistungsanforderungen, fehlende Beteili-gungsmöglichkeiten und schlechte Arbeitsbedingungen. Mit unserem Schutzkonzept adressieren wir vorrangig personale Gewalt, die unmittelbar von Täter*innen ausgeht. Personale Gewalt ist physische oder psychische Gewalt.
Physische Gewalt sind beispielsweise absichtliche Verletzungen von Menschen, Einschränkungen ihrer persönlichen Freiheit, Beschädigungen oder Wegnahme ihres persönlichen Eigentums und insbesondere auch alle Arten sexueller Übergriffe einschließlich grenzverletzenden Verhaltens. Zur Gewalt gehört immer die Absicht, eine andere Person schädigen zu wollen. Das ist unabhängig davon, ob der*die Täter*in sich bewusst ist, dass sein*ihr Handeln der anderen Person schaden kann oder schaden wird.
Psychische Gewalt äußert sich überwiegend in aggressiver und verletzender Kommunikation. Das sind zum Beispiel Beleidigungen, das Anschreien von Menschen, erniedrigende, ausgrenzende und einschüchterne Äußerungen. Die Kommunikation kann persönlich, telefonisch, in Chats, in sozialen Medien oder anderen Veröffentlichungen erfolgen. Sie kann unter anderem sprachlich, durch Gesten oder durch Fotografieren oder mittels einer anderen Mediums erfolgen. Anmachende Gebärden, ungerechtfertigte Diskriminierung jeder Art und die Androhung physischer Gewalt zählen ebenfalls zur psychischen Gewalt. Sonderformen der psychischen Gewalt sind Mobbing, Stalking, fremdenfeindliche und rassistische Stellungnahmen sowie insbesondere sexuell grenzverletzendes Verhalten ohne physische Komponente.
Gewalt muss ganzheitlich gesehen werden, denn die unterschiedlichen Formen und Arten von Gewalt kommen meist miteinander verbunden vor. Personale Gewalt kann durch strukturelle Gewalt begünstigt werden. Wer physische beziehungsweise körperliche Gewalt ausübt, fügt dem Opfer in der Regel auch psychischen bzw. seelischen Schaden zu. Sexuellen Übergriffen (physische Gewalt) geht häufig grenzverletzendes Verhalten und geschlechtsdiskriminierende Äußerungen (psychische Gewalt) der Täter*innen voraus, um ihre Chancen auf eine körperliche Annäherung auszuloten.
Maßnahmen zur Verhinderung von Gewalt

Mit Unterstützung des Bayerischen Jugendrotkreuzes haben wir bereits 2014 unsere Vorkehrungen überarbeitet und ergänzt, um unter anderen die verbindlichen DRK-Standards zum Schutz vor sexualisierter Gewalt von 2012 bei uns umzusetzen. Zu den Maßnahmen gehören unter anderem:
- Niedrigschwellige Prüfung erweiterter Führungszeugnisse von Gruppenleiter*innen, Teamer*innen und anderen ehren- oder nebenamtlich aktiven Menschen bei uns. (Hauptamtliche Kräfte werden durch die Personalstelle der Kreisgeschäftsstelle überprüft.) Der Tätigkeitsausschluss einschlägig vorbestrafter Personen gemäß § 72a Abs. 3 SGB VIII wird dabei durchgesetzt.
- Verpflichtende Selbstverpflichtung der bei uns aktiven Menschen auf ein gewaltfreies Verhalten. Das berücksichtigt unser ganzheitliches Verständnis von Gewalt.
- Regelmäßige Thematisierung unserer ablehnenden Haltung zu Gewalt bei unseren Kreiskonferenzen, Erstgesprächen mit Interessenten für eine aktive Mitarbeit und anlassbezogen bei weiteren Gelegenheiten.
- Einbringung des Themas in die Gremien, Arbeitskreise und Workshops des JRK und DRK auf Kreis-, Landes- und Bundesebene, bei denen wir vertreten sind. Dabei machen wir auf Risiken aufmerksam zu machen und motivieren zu präventiven Maßnahmen.
- Berücksichtung bei der Planung aller Aktivitäten, um jeweils angemessene Schutzmaßnahmen zu treffen. Aufgrund der Vielfalt unserer Aktivitäten braucht es jeweils angepasster Vorgehensweisen statt starrer Regeln. Außerdem besprechen wir die Wirksamkeit der Maßnahmen fortlaufend.
- Schon bei grenzverletzendem Verhalten einschließlich nicht gewaltfreier Kommunikation intervenieren wir frühzeitig, weil sie eine Vorstufe zu gravierender Gewalt wie Tätlichkeiten und Mobbing sein können.
- Soweit es die Regularien erlauben, verhindern wir die Mitwirkung von Personen ohne einwandfreien Leumund, mit fragwürdigen Verhaltensweisen oder Haltungen. Wir bemühen uns, das im Zweifel auch auf dem Rechtsweg durchzusetzen.
- Als eigene Anlaufstelle haben wir ein zuverlässiges ehrenamtliches Mitglied ausgebildet, das bei Vorfällen kontaktiert werden kann. Darüber hinaus machen wir für Kinder und Jugendliche auf die speziellen Beratungsstellen aufmerksam.
Die Wohlfahrtsverbände, Hilfsorganisationen, öffentlichen und freien Träger der Jugendhilfe haben in dem Jahrzehnt nach der Einführung des Bundeskinderschutzgesetzes in 2012 umfangreiche Erkenntnisse über Gewalt gewonnen und wirksame Gegenmaßnahmen entwickelt. Die Lebenswirklichkeit der Kinder und Jugendlichen und das Risikoprofil hat sich in dieser Zeit auch geändert. Daher entwickeln wir seit 2020 ein überarbeitetes Schutzkonzept, das wir in 2022 in unserer Kreiskonferenz diskutieren und beschließen wollen. Dabei wollen wir einen modernen, risikobasierten Ansatz wählen.